Vergessene Sandkörner
von Frederik Schalburg
Vergessene Sandkörner
von Frederik Schalburg
Es ist heiß. Unglaublich heiß. Der Sommer in Australien, im Norden Queenslands, kann einem das Wasser aus dem Korper ziehen, buchstäblich.
Schweigend stehe ich dort draußen, tief im Bush, nichts als Sand, Staub und trockenes Weidegras; dazu das Flimmern der Hitze am Horizont.
Wie ein Regenbogen.
Ich bin allein mit dem Nichts.
Der Durst kommt plötzlich. Gierig trinke ich aus meiner Flasche. Meine zweite heute, obwohl es nicht mal 9 ist.
Das Wasser belebt mich und ich schwinge mich zurück auf mein Quad. Eine alte 680er Maschine, Honda, mit Allradantrieb und halber Bull Bar.
Beim Anfahren wirble ich etwas von dem Untergrund auf und fast schon sanft, als ob sie selbst ihre Schönheit beweisen wolle, schraubt sich die daraus entstehende Wolke aus Sand in die Luft. (Hat sie Flügel? Wird sie getragen?)
Rutschend halte ich wieder an. Leise rauscht der Wind an mir vorbei.
Nun bin ich mir sicher, er trägt. Er trägt den Staub, den Sand. Anmutig in dieser öden Weite.
Doch kaum geschehen, legt sie sich weiter vor mir auf den Boden. Wie ein Schleier, ein weites Tuch, senkt sie sich herab.
„Nein“, schießt es mir durch den Kopf, „wird herabgesenkt“.
Ein Schauer lauft mir über den Rücken. Vermischt mit dem Schweiß, der mir in kleinen salzigen Bächen herunterläuft.
Eine Ader pulsiert in warmen Schüben an meiner Schläfe und an meinen Handgelenken trommelt das Leben seinen stetigen Rhythmus.
Ich springe ab und laufe zu der Stelle.
Unter Staub kann ich so gerade blutiges Fell und Knochen, vom Wetter abgetragen, mit der Farbe von grauen, im Flussbett ruhenden Steinen, erkennen.
Der Rest ist aaszerfressen.
„Würde”, denke ich. Selbst hier draußen, wo andere Regeln spielen, wo das menschliche Dasein ganz weit weg erscheint, schimmert das Leben, badet es in Respekt.
Ein Spaziergang, Hand in Hand, mit dem Tod.
Leise trete ich ab, fahre weiter, langsam, ohne Hast; fast schon bedächtig. Kurz drehe ich mich um und schaue wieder in ewiggleiche Gesichter.
Wohin meine Augen auch blicken. Stumm wende ich meinen Kopf wieder nach vorne.
„Staubkörner”, kommt es mir in den Sinn. „Sandkörner. Angespült und schon vergessen.”
Und trotzdem fühle ich mich doch nicht mehr allein, als ich meinen Weg fortsetze.