Schreibblockade
von Mareile Mevihsen
Schreibblockade
von Mareile Mevihsen
Da war sie wieder und grinste mich höhnisch an, von der anderen Seite des Schreibtischs. Eigentlich jedes Mal, wenn ich einen Gedanken daran verschwendete, meinen ersten Blog-Eintrag zu verfassen.
Ich fing an zu schreiben, sobald es mir flüssig von der Hand ging. Worte liebte ich, ich verlor mich in ihnen, ich war in ihnen und sie waren ich. Von kurzen Gedankensprüngen und Kurzgeschichten zu lyrischen Experimenten. Kein Jahr, in dem die Familie nicht neue Poesie feierlich zu Weihnachten überreicht bekam. Alles hätte so bleiben können, vielleicht hätte ich mich sogar irgendwann doch mal getraut, was zu veröffentlichen.
Dann kam die Zensur. Der Punkt an dem sich dein Leben von grundauf verändert, an dem alles, an was du glaubst, ins Wanken gerät, dich vom Hocker reißt und am Ende du nicht mehr sicher bist, ob von deinem alten Ich noch etwas geblieben ist. Da begegnete sie mir zum ersten Mal, die Schreibblockade. Als wäre meine Fähigkeit, aus dem Nichts Wörter in einen Zusammenhang zu bringen, für immer verloren gegangen.
Ich kann sie lesen, die Veränderung, die mit der Zeit entstand. Wenn ich heute schreibe, dann klingt das anders als früher. Ernster, tiefer, manchmal wehmütig, manchmal hoffnungsvoll. Nein, ich kann nicht mehr die Hand in die Luft strecken und mir die Wörter schnappen, die vorbei fliegen. Das hätte vermutlich einfach nichts mehr mit mir zu tun. Meine Schreibblockade hat dafür gesorgt, dass ich lernen musste, hinzuhören. Auf mich, meine Gedanken, das Leben das mich umgibt.
Manchmal muss man lange in seinem Kellerraum suchen, um etwas Verlorenes zu finden. Aber solange man weiß, dass es irgendwo noch da sein muss, ist das schon ein verdammt gutes Gefühl. Dafür bin ich dankbar.
Mareile — Schreibblockade 1:0