Quarantäne-Weihnacht
von Mareile Mevihsen
Quarantäne-Weihnacht
von Mareile Mevihsen
Es war mein persönlicher Super-GAU: Am 14.12.2020 kam die Info, ein Kind aus der Kita wäre positiv getestet. Der ganze Kindergarten ging in Quarantäne, bis zum einschließlich 25.12., Weihnachten war gestorben.
Ich selber hatte hingearbeitet auf diese Weihnachtspause, steckte noch mitten im Friedenslicht und dem Weihnachtspodcast. Alles kam zum Erliegen. Wir waren auf uns geworfen und nichts sonst. Tagesstruktur schaffen. Gartenzeiten einführen. Bescherung, das war dieses Jahr tagelang. Immer wieder standen Großeltern, Tanten, Paten vor dem Zaun, erreichten uns Durchhaltepäckchen. Hart war es trotzdem.
An Heiligabend traf ich eine Entscheidung. Wir würden die Quarantäne heute brechen. Wie sollte sonst auch das Christkind seine Geschenke deponieren? Wo blieb der Zauber? Am frühen Nachmittag zogen wir uns an, als würde es irgendjemand wahrnehmen, dass wir die besten Sonntagssachen trugen. Wir gingen direkt aufs Feld und von dort in den Wald. Im Gepäck die Weihnachtsgeschichte und in einer Laterne das Friedenslicht.
Es war still. Vereinzelte Spaziergänger kreuzten unseren Weg. An der ersten Bank machten wir halt. Ihr Kinderlein kommet, sangen wir. Menschen blieben stehen, auf Abstand, lauschten, gingen still weiter. Dann lasen wir. Eine fremde Familie kam vorbei: „Was macht ihr?“ – „Wir lesen die Weihnachtsgeschichte. Wollt ihr bleiben?“ – „Ich würde, aber die Kinder sind zu aufgeregt … aber … wow … wie schön.“ Wir singen Stille Nacht. „Ist noch was wichtig?“, frage ich die Kinder, „Wollt ihr noch beten?“. „Ja“, sagt der Mini, „Für Evi“. Evi ist unsere Vermieterin und im September gestorben. Der Raum, den sie im Herzen der Kinder einnimmt, ist groß. Also beten wir. Und singen noch eine Strophe für sie.
Als wir uns auf den Heimweg machen dämmert es schon. Wir sind still. Schön ist das, denke ich. Auch wenn es heut für mich persönlich keine Bescherung gibt, keine Familie außer den Kindern. Auch wenn ich weiß, wenn sie im Bett sind, werde ich allein mit einem Glas Wein vor dem Baum sitzen und vielleicht ein bisschen einsam sein. Aber da ist auch ein Zauber, der in der Stille des Waldes entstanden ist. Und ich weiß, da ist eine neue Tradition geboren für mich und die Kinder.
Ich drehe mich um und schaue noch einmal Richtung Wald. Der graue Himmel ist aufgerissen und explodiert im Farbspiel des Sonnenuntergangs. „Schaut mal“, flüstere ich den Kindern zu, „Euer Gebet ist angekommen“.
Und dann war Weihnachten.
Foto: Mareile Mevihsen