Müßiggang
von Mareile Mevihsen
Müßiggang
von Mareile Mevihsen
Ich kann nicht schreiben. Wieder mal. Schottland- Urlaub, Fülle von Eindrücken, voller Kopf, volles Herz. Aber nichts gut genug, um drüber zu schreiben. Es ist leichter zu schreiben, wenn die Seele Luft braucht, wenn etwas aufwühlt, ärgert, berührt.
Und eigentlich will ich diese Zeilen jetzt schon wieder löschen. Nicht gut genug. Spricht doch keinen an. Beim Abi stand zwar ne Eins vorne, aber genug war es trotzdem nicht. Ein sozialer Beruf bringt einem auch nicht viel mehr als ein “Ach, das was du machst, könnte ich wohl auch”. Und ansonsten ist mein Leben insgesamt wenig hipp und ziemlich durchschnittlich. Also wen interessiert der Durchschnitt?
Liebe Freunde des Außergewöhnlichen und Besonderen, für euch habe ich heute leider kein Foto.
Für alle anderen: Folgende Erkenntnisse meinerseits nach 10 Tagen Schottland, die mich einfach nicht zum Schreiben inspirierten…
Erstens: Wenn Schreiben Kunst wäre, dann bräuchte es vielleicht einfach mehr Leid, um aktuell zu inspirieren. Habe mir Mühe gegeben welches zu finden, wirklich. Gab aber nicht mal genug Regen, um darüber in Trübsal zu verfallen.
Zweitens (folgend aus Erstens): Es ist okay, auch mal rundum zufrieden zu sein. Mein Konto ist ob der horrenden Lebenshaltungskosten hier mit Sicherheit im Dispo, aber hey, da kann ich mich nächste Woche drüber grämen. Alles was ich brauche, ist hier. Mann, Kind und Hund und obendrein noch meine Schwester mit Mann. Ein Dach überm Kopf und jeden Tag traumhafte Aussichten. Vielleicht ist das Glück, grad einfach zu sein, ohne Plan, ohne Druck. Vielleicht ist das Leben, so wie es eigentlich gemeint und uns geschenkt ist.
Drittens: In dauernder Gesellschaft ist es schwieriger, sich selbst zu hören. Und das meine ich nicht negativ. Aber rund um die Uhr mit Menschen zusammen zu sein, macht es schwieriger auf mein Inneres zu lauschen. Und wenn ich Nichts höre, kann ich nicht schreiben. Und das ist im Übrigen ein Grund, warum ich in Urlauben meistens mal in die ein oder andere Kirche hinein schaue. Weil man hier sich selbst hören kann.
Viertens: Es ist gut genug. Ich bin gut genug. Und vor allem du bist es. Du, die liest und sich durchschnittlich findet. Du, der immer das Gefühl hat, es reicht nicht aus, was du tust, um liebenswert zu sein. Du, der oder die du jetzt bereits denkst, dass du das niemals so formulieren könntest.
Du könntest. Und du bist. Solang du dich noch hörst. Solang du ehrlich zu dir selbst bist. Weil du liebenswert bist. Und mehr als gut genug. Weil das was wirklich zählt nichts ist, was man sich erarbeiten kann. Es wird einem geschenkt.
Solang ich noch glaube, ich müsste mir Anerkennung und Zuneigung verdienen, solang werde ich vermutlich nicht bei mir ankommen. Nicht dass ich das wäre. Vielleicht ist das Morgen auch nicht genug, um durch den Tag zu kommen. Aber heute, heut ist es das. Ich bin auf dem Weg.