Lass uns immer neu begegnen … lass es immer nur so sein!
von Jonas Spinczyk
Lass uns immer neu begegnen … lass es immer nur so sein!
von Jonas Spinczyk
Kannst du dich noch an die erste Begegnung erinnern? Die erste Begegnung mit mir? Die erste Begegnung mit deiner großen Liebe? Oder vielleicht an die erste Begegnung mit Gott?
Als ich heute Abend so dasaß, mal wieder nicht so recht wusste was ich tun sollte, weil das Leben dieser Welt schon seit einigen Tagen zum Erliegen gekommen ist, habe ich mir genau diese Frage gestellt.
So eine erste Begegnung kann unfassbar viel mit einem Menschen machen. Alle sprechen immer von der Liebe auf den ersten Blick. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich meine Freundin zum ersten Mal gesehen hab. Wow! Was für ein Mensch. Das war sie wohl, diese Liebe auf den ersten Blick. Und dann kam das, was man häufig den zweiten Blick nennt. Nach dem ich dieses Risiko „Liebe auf den ersten Blick“ eingegangen war, galt es, die Spannungskurve hochzuhalten. Und das war gar nicht so schwierig. Immer wieder hatten wir tolle Ideen, unser Leben zu gestalten. Wir haben viel unternommen, viel gesehen und etliche Abenteuer erlebt. Doch dann wurde es ernst. Zuerst haben wir gedacht, dass es an uns vorbei geht und dieses Virus ohnehin nicht bis nach Deutschland kommt. Ja OK, ein paar Leute in Bayern hatten sich infiziert, aber das war auch eigentlich schnell wieder erledigt. Die nächsten Wochen waren wieder ganz normal, keiner hat sich so richtig dafür interessiert. Und plötzlich war es vor unserer Türe. Mit Beginn der Pandemie im Kreis Heinsberg waren wir auf einmal mitten drin. Noch ein, zwei Wochen war alles ganz normal und dann fanden wir uns in unserer Wohnung wieder, ganz auf uns allein gestellt und abgeschnitten von jeglichen sozialen Kontakten. Klar, hier und da mal mit Mutti telefoniert oder auch ganz riskant bei Papa mal einen Kaffee getrunken. Aber im Grunde waren da nur noch wir zwei.
Plötzlich mussten wir uns nur noch mit uns selbst beschäftigen und konnten nicht mehr einfach flüchten, wenn es mal unangenehm wurde.
Da fiel mir meine erste Begegnung mit Gott wieder ein. Ich glaube, dass war so die Zeit vor meiner ersten Kommunion. Zum ersten Mal habe ich Gott ganz nah bei mir gespürt und ihn kennengelernt. Eine aufregende Zeit! Solange ich mich aber immer mal in andere Dinge vertiefen konnte, war es leicht Stresssituationen mit Gott gut aus dem Weg zu gehen. Das ging dann lange so weiter. Es gab sogar mal eine Zeit, in der Gott und ich eine Pause gebraucht haben. Wir waren nicht mehr so richtig einer Meinung. Ich habe zum Leidwesen meiner Omi tatsächlich auch mal in der Schule den Religionsunterricht abgewählt. Aber auch die Krise haben wir gut überstanden. Als ich mich dann als junger Erwachsener endlich zum Firmkurs angemeldet habe, war er da. Dieser Moment. Gott und ich waren allein. Ganz allein auf uns gestellt. Ich glaube das war der Zeitpunkt, an dem ich wirklich Angst bekam. Worüber rede ich mit Gott, wenn alles gesagt ist? Was fangen wir miteinander an, wenn wir schon alles erlebt haben? Puuh… Ich habe mir echt viele Gedanken gemacht. Und irgendwann habe ich gemerkt, wie diese Angst einfach nicht mehr da war. Wir hatten uns zwei. Und vor allem, wir hatten uns immer etwas zu sagen. Wir sind uns immer wieder neu begegnet. In ganz verschiedenen Situationen. Mal brauchte ich seinen Rat, mal er meinen. Okay, meistens waren meine Fragen sehr einseitig und Gott hat sie nur beantwortet. Aber hey, sowas muss eine Beziehung aushalten.
Wenn ich jetzt so über die letzte Woche in abgeschiedener Zweisamkeit nachdenke, bin ich dankbar. Dankbar dafür, dass ich einem Menschen jeden Tag neu begegnen kann. Dankbar dafür, dass wir uns nicht in Angst abschottet haben, sondern voller Zuversicht sind, in Schwierigkeiten nicht aufgeben und uns Tag für Tag neu begegnen. Danke, dass ich das kann.
Das habe ich von Gott gelernt.
Foto: Nicole Baster/Unsplash