Kinoerfahrung – die Zweite
von Matthias Fritz
Kinoerfahrung – die Zweite
von Matthias Fritz
Samstagabend war ich im Kino. Dieses Mal hat mich das Oscarfieber nicht ganz so sehr gepackt, aber diesen Film wollte ich sehen: The Imitation Game. Die Biografie von Alan Turing fasziniert mich schon seit langer Zeit und die Geschichte über die Kriegswende durch die Erfolge seines Teams halte ich für epochal. Wer weiß, wie unsere Welt sonst heute aussehen würde…
Ich bin von diesem Film begeistert. Aber ebenso war ich geschockt!
Es regt mich immer furchtbar auf, wenn Menschen direkt nach dem letzten Bild, zu Beginn des Abspanns, aufstehen und aus dem Kinosaal rausgehen. Was ist das für eine Würdigung? Was ist das für ein Umgang mit allen Menschen, die dafür gesorgt haben, dass ich diesen Film auf der Leinwand sehen darf? Haben es nicht auch der Caterer und der Kabelträger verdient, dass ich sie würdige? Ohne sie wäre der Film so nicht möglich gewesen! Es sind doch nicht allein die Schauspieler, der Regisseur, der Kameramann und der Komponist, die den Film ausmachen!
Schon kurz vor dem Abspann aber schreckte ich auf. Die letzten Szenen des Films gingen mir unter die Haut: Das Ende von Turing und die Erklärungen wie die Geschichte weiter verlaufen ist. Ich weiß, dass es vor mehr als 60 Jahren eine Straftat war schwul zu sein. Leider wurden damals Lebensformen nicht so anerkannt, wie wir es (zumindest in Ansätzen) heute tun. Aber dass Turing erst 2013 ein „königliches Pardon“ von Queen Elizabeth II. zugesprochen bekam, schockierte mich sehr. 2013! Das sind erst knapp zwei Jahre. Wo ist die Anerkennung für diesen Mann? Wie lange braucht Gesellschaft um Menschen von Kriegsschuld und vermeintlichen Vergehen freizusprechen?
Ich bin mit einem sehr bitteren Geschmack nach Hause gegangen. Warum unterscheiden wir immer noch Menschen nach Rassen, Geschlechtern, Lebensweisen, Glaubensrichtungen? Wann wird es die Selbstverständlichkeit geben, dass jeder Mensch — solange er nicht anderen körperlich und geistig schadet — ein Recht auf Freiheit im Leben hat? Ist das Utopie oder ist das erst im Himmel möglich? Trifft das nicht das Gebot „Du sollst Gott und deinen Nächsten lieben, wie Dich selbst.“?
Wie oft verrate ich das Geschenk der Freiheit, das Gott mir und jedem anderen Menschen auf dieser Welt geschenkt hat – indem ich einem Menschen das freie Leben abspreche und es mir vielleicht auch nicht gewähre? Vielleicht auch schon, wenn ich im Kleinen den vielen Beteiligten an einem Film schon abspreche, dass sie meine Würdigung verdient haben.