Elf Minu­ten

von Mareile Mevihsen

Elf Minu­ten

von Mareile Mevihsen

Elf Minu­ten Stil­le. Einer ist gera­de ein­ge­schla­fen, einen muss ich gleich wecken.

Elf Minu­ten in zwölf Stun­den Lärm. Elf Minu­ten, die nur mir gehö­ren.

Zu wenig, um los­zu­las­sen all das Unru­hi­ge, Bewe­gen­de, die Lebens­wo­gen. Zu wenig, um etwas anzu­fan­gen oder zu Ende zu brin­gen, nicht mal die­sen Text.

Du fehlst mir, Gott. Mich umge­ben Men­schen Tag und Nacht. Ich kann dich dort fin­den.

Aber mir fehlt die Stil­le, die Ein­sam­keit, der gedan­ken­lee­re Raum, in dem du mir begeg­nest, in dem ich die Gedan­ken tei­len kann, die für kei­nen ande­ren bestimmt sind. In dem ich wagen darf aus­zu­spre­chen, was ich nir­gend­wo anders for­mu­lie­ren kann. In der Hoff­nung, dass du siehst, ohne dass ich reden muss. Dass du hörst, was zwi­schen den Zei­len klingt. Dass du annimmst, ohne zu urtei­len.

Bei dir will ich mir selbst begeg­nen, mir in die Augen schau­en, mei­ne inne­re Stim­me hören, anneh­men, aus­hal­ten, los­las­sen.

Elf Minu­ten Stil­le. Ich lege sie in dei­ne Hän­de.

Foto: Adri­en Robert/Uns­plash