Bar­fuß

von Mareile Mevihsen

Vor andert­halb Jah­ren habe ich das ers­te Mal Bar­fuß­schu­he ange­habt. Gekauft hat­te ich sie blind. Ich hat­te mich lan­ge mit dem The­ma aus­ein­an­der­ge­setzt und mich dann schließ­lich für ein aus­ge­spro­chen hüb­sches Modell ent­schie­den. Das Pro­blem an der Sache: Jetzt ist der Zeit­punkt, an dem ich eigent­lich alle ande­ren Schu­he abge­ben kann, denn tra­gen wer­de ich sie nicht mehr. Aber von vor­ne.

Mei­ne Kin­der sind von April bis Okto­ber bar­fuß, sofern sie das möch­ten. An küh­len Herbst- oder Früh­lings­ta­gen spü­re ich qua­si die Bli­cke der ande­ren Eltern auf mir, wenn die Kin­der auf dem Spiel­platz die Schu­he von sich schmei­ßen. Ja, man kann sich bar­fuß schnel­ler ver­let­zen. Oder weni­ger, denn man geht acht­sa­mer. Und ich habe gelernt mir nicht anzu­ma­ßen, zu wis­sen, ob es “zu kalt” für die Kin­der ist, son­dern ihrem eige­nen Gefühl zu ver­trau­en. Und im Zwei­fel die Woll­so­cken, Schu­he, Jacken, Müt­zen und und und in der Tasche zu haben.

Mei­ne ers­ten Schrit­te bar­fuß auf dem Weg fühl­ten sich ver­rückt an. Pik­sig. Ton­nen­wei­se kleb­ri­ge Blü­ten, die sich unter mei­ne Füße setz­ten. Wäh­rend ich vor mich hin jam­mer­te, hüpf­ten die Kin­der neben mir, als lie­fen sie über wei­ches Gras. Das Schwe­ben muss­te ich erst ler­nen.

Es dau­er­te ein paar weni­ge Mona­te, da begann ich Ver­än­de­run­gen wahr­zu­neh­men. Neben einer gan­zen Schuh­grö­ße mehr, weil der Fuß sich jetzt kom­plett stre­cken und ent­fal­ten konn­te, ver­än­der­te sich mein Stand. Plötz­lich hat­te ich einen. Kein Balan­cie­ren mehr auf hal­bem Fuß, son­dern mit bei­den Bei­nen auf dem Boden. Haf­tung spü­ren, sich auf­rich­ten, stand­fest sein.

Ich begann den Boden unter mir zu spü­ren, ich begann auf mei­ne Schrit­te zu ach­ten und ich begann, eine Ver­bun­den­heit zu spü­ren in den Unter­grün­den, die mir begeg­ne­ten. Mei­ne Füße im Sand, nach knapp einem Jahr Bar­fuß (-schuh­trä­ger) sein, war als wür­de ich die­se Erfah­rung zum ers­ten Mal machen. Wenn ich viel und lan­ge gelau­fen bin, dann sind mei­ne Füße müde. Auf eine gute Art, nicht die­se, bei der man den gan­zen nächs­ten Tag Schmer­zen lei­det, weil man lan­ge auf Absät­zen unter­wegs war.

Wenn mei­ne Füße den Grund berüh­ren, dann erdet mich das und lässt mich leicht­fü­ßig flie­gen glei­cher­ma­ßen. Und so lau­fe ich los.

Foto: Marei­le Mevih­sen