A nor­mal day at my church

von Gastbeitrag

A nor­mal day at my church

von Gastbeitrag

Seit Okto­ber 2014 arbei­te ich als stu­den­ti­sche Hono­rar­kraft in der Per­so­nal­ab­tei­lung des Bis­tums Aachen. Im Fol­gen­den ein klei­ner Ein­blick in einen ganz nor­ma­len Tag in mei­ner Kir­che…

Ein ganz nor­ma­ler Tag in mei­ner Kir­che beginnt mit einem per­sön­li­chen Erfolgs­er­leb­nis: Ich schaf­fe es, mir mit mei­nem neu­en Dienst­han­dy einen Hot­spot in mei­nem sonst WLAN-frei­en Büro bereit­zu­stel­len. Viel Zeit, mei­nen Tri­umph über die Tech­nik aus­zu­kos­ten, bleibt mir nicht: „Guten Mor­gen, schön dich zu sehen! Ich hab dir ein Weck­chen vom Bäcker mit­ge­bracht.“ Der Pas­to­ral­re­fe­rent, des­sen Büro ich vor­über­ge­hend bele­gen soll, ist da. Die kom­men­den ein­ein­halb Stun­den sta­peln wir gemein­sam Bücher, Pos­ter und Doku­men­te in Rega­le, fin­den Sni­ckers zwi­schen Leben­di­ge Seel­sor­ge Aus­ga­ben und White­board­mar­ker zwi­schen App­le­hand­bü­chern. Wäh­rend­des­sen bekom­me ich einen Vor­trag über inno­va­ti­ve Pas­to­ral, die Rele­vanz betriebs­wirt­schaft­li­cher Grund­la­gen­kennt­nis­se für Theo­lo­gen und eini­ge all­ge­mei­ne Infor­ma­tio­nen zum Arbei­ten im Bis­tum. Als ich lang­sam Feu­er fan­ge und ver­su­che, mich nicht voll­ends in den vie­len eng­li­schen Begrif­fen zu ver­hed­dern, ist er dann schon wie­der zur Türe hin­aus: „Komm mal mit, ich muss dir etwas zei­gen.“ Mit eini­ger Begeis­te­rung wird mir in einem klei­nen Neben­raum die Anti­qui­tä­ten­samm­lung des Bis­tums vor­ge­führt: Katho­li­ken­tags­pla­ka­te von 1980 und ein paar ver­gilb­te Land­kar­ten des Bis­tums Aachen. Um einen dro­hen­den Lach­an­fall zu ver­mei­den kaue ich rhyth­misch auf mei­nem Weck­chen. Lie­bens­wer­te Freaks.

Eine Stun­de spä­ter bin ich hoch­kon­zen­triert bei der Arbeit, als mich eine Email mei­nes Chefs erreicht mit der Bit­te, kurz in sein Büro zu kom­men. Also los, ein­mal den Hof über­que­ren, in den vier­ten Stock und dann die zwei­te Tür links, knapp neben dem Box­sack. „Frau Sie­ben, Sie bekom­men ein neu­es Büro im Haupt­ge­bäu­de, das wir uns jetzt mal anschau­en.“ Wie schön, es ist ja erst der drit­te Umzug inner­halb von drei Wochen. Dann die Vor­stel­lung auf mei­nem neu­en Flur: „Das ist Frau Sie­ben, mei­ne neue wis­sen­schaft­li­che Assis­ten­tin“. Ich schaue kurz irri­tiert auf und bin inner­lich plötz­lich sehr zufrie­den. Wis­sen­schaft­li­che Assis­ten­tin klingt schon ver­dammt gut, wenn man gera­de erst sei­nen Bache­lor­ab­schluss geschafft hat. Doch alle irgend­wie nett hier.

Gegen 18 Uhr höre ich auf mit mei­ner Arbeit. Da es hier aber nun mal so schön warm ist, beschlie­ße ich, bis zu mei­nem nächs­ten Tref­fen um 19:45 Uhr ein­fach hier zu blei­ben und mei­ne Uni­auf­ga­ben zu machen. Ein biss­chen unheim­lich ist es ja schon auf dem lee­ren Flur – mei­ne Kol­le­gen sind alle schon um 14 Uhr ver­schwun­den und es ist stock­dun­kel im Trep­pen­haus. Am bes­ten, ich mache mir ein biss­chen Musik an. Wäh­rend ich lei­se vor mich hin sin­ge und stu­die­re, höre ich plötz­lich lau­tes Rum­peln und Füße stap­fen. Ruhig blei­ben! „Na, wird es heu­te ein biss­chen län­ger, jun­ge Dame?“ Vor mir steht der Sicher­heits­dienst des Gene­ral­vi­ka­ri­ats. Mist­kerl, was muss der mich so erschre­cken?! „Bit­te neh­men Sie gleich beim Raus­ge­hen die Glas­schie­be­tü­ren zum Park­platz und nicht die ande­ren, die habe ich gera­de ver­schlos­sen.“ Ehm. Bit­te wel­che Türen? Und geht das Licht im Trep­pen­haus von sel­ber wie­der aus? Hal­lo!!! Seufz. Egal, ich bin jetzt spät dran.

Auf dem Weg zu mei­ner Schwes­ter neh­me ich die Abkür­zung über den Dom­hof – und lau­fe mei­ner Lieb­lings­pas­to­ral­re­fe­ren­tin buch­stäb­lich in die Arme. Seit mei­nem Aus­lands­se­mes­ter haben wir uns nicht mehr gese­hen. Freu­de. „Was machst du denn hier?“ „Ich gehe zur Wis­sen­schafts­nacht.“ „Nicht zum Got­tes­dienst?“ „Nein!“ Lachen. Bleib doch noch.

19:45, St. Foil­lan. Wäh­rend mei­ne Schwes­ter und ich uns drau­ßen noch ein Scho­ko­bröt­chen tei­len, läuft das hal­be Gene­ral­vi­ka­ri­at an uns vor­bei in die Kir­che. Der neue Got­tes­dienst von Zeit­fens­ter beginnt in einer hal­ben Stun­de. Die Musik ist wun­der­bar und die Kir­che eis­kalt. Umso erwär­men­der sind die Gesich­ter der Men­schen. Mit­ten im Got­tes­dienst dann die Whats­app-Nach­richt einer Freun­din: „Bist du eigent­lich froh, zum Bis­tum gegan­gen zu sein, anstatt in dei­nen alten HiWi-Job zurück zu keh­ren?“ Ich schi­cke ihr ein Foto: „Wenn ich das erle­be, was ich gera­de erle­ben darf, ja.“ Dank­bar­keit.

Mai­ke Sie­ben

Foto: shape / photocase.de