Traut euch!

von Matthias Fritz

Traut euch!

von Matthias Fritz

Ges­tern Abend, fünf vor sie­ben. Eigent­lich wäre es noch ein­mal Zeit für einen schö­nen Kino­abend gewe­sen oder ein­fach Nach­rich­ten gucken. Aber ich kra­me die Zei­tun­gen vom Tisch, denn es hat sich ein Braut­paar ange­kün­digt.

„Wir wol­len hei­ra­ten“, sag­te Frau Schnei­der am Tele­fon.
Also star­te­ten wir das nor­ma­le Pro­ze­de­re: „Getauft?“
„Ja.“ – sehr gut dach­te ich mir.
„Ihr Mann auch?“
„Ja.“ Das schien ein­fach zu wer­den.

Sie räus­per­te sich am Tele­fon: „Es geht aber nur am 30. Juni um 14 Uhr.“ Ein leich­tes „Oh“ ent­schlich sich mir. Das lie­be ich ja. Die Loca­ti­on steht, die Kut­sche ist gemie­tet, die Tor­te ist schon geplant, aber wir hän­gen mal wie­der dran. Wir mach­ten also die­sen Gesprächs­ter­min aus.

Es klin­gel­te.

Ich öff­ne­te die Tür und … das hat­te ich noch nie gese­hen. Ein Mann, eine Frau und eine gro­ße Kis­te.
„Guten Abend“, Hän­de­schüt­teln.
Wir gin­gen hin­ein, setz­ten uns und …
Frau Schnei­der ging voll ins The­ma: „Ich habe da etwas vor­be­rei­tet.“

Sie öff­ne­te die Kis­te und zück­te Kata­lo­ge und Notiz­bü­cher. Natür­lich weiß ich, dass heu­te man­che Hoch­zeit gut geplant ist – naja, bis ins Detail. Aber als ein Grund­riß unse­rer Kir­che auf dem Tisch aus­ge­brei­tet wur­de und Frau Schnei­der frag­te: „Haben sie etwas dage­gen, wenn hier, hier und hier Buchs­bäu­me auf den Altar­stu­fen ste­hen und wir den Mit­tel­gang mit Rosen­bü­schen schmü­cken?“, da muss­te ich schlu­cken.

In mei­nem Kopf gab es die Visi­on von einer Gärt­ne­rei, einem Gewächs­haus, einem Dschun­gel…

Herr Schnei­der schwieg.
Ich schluck­te noch ein­mal.
„Und was machen wir mit dem Ehe­ver­spre­chen?“
„Wie“, frag­te Frau Schnei­der ent­setzt.
„Das Ehe­ver­spre­chen!“, erwi­der­te ich.

„Hal­lo? Soll ich ihm in der Kir­che ver­spre­chen, dass ich ihm den Haus­halt mache?“
Herr Schnei­der wag­te es vor­sich­tig, den Kopf zu schüt­teln.
„Nein. Es geht dar­um in guten wie in schwe­ren Tagen zuein­an­der zu ste­hen. Es geht um Treue, um ihre Bezie­hung. Es geht um Got­tes Segen, den er an dem Tag beson­ders ihnen zuspre­chen möch­te. Ihnen als Paar.“
Frau Schnei­der war rat­los. Ihr Mund stand leicht offen.
„Das ist ja schwie­ri­ger als beim Stan­des­amt.“, sag­te sie.
„Auch da ist es doch um ein ehr­li­ches „Ja“ zwi­schen Ihnen gegan­gen. Oder?“

„Schon …“, Herr Schnei­der sprach zum ers­ten Mal.
Ver­le­gen nahm ich die Lied­aus­wahl in die Hand und wir han­gel­ten uns durch die Hoch­zeit. Da kam mir eine Idee.

„Haben Sie das Ja-Sagen schon geübt?“
Frau Schnei­ders Kopf schoss hoch und ihre Stim­me über­schlug sich: „Geübt?“

„Wie wäre es, wenn sie bis zum nächs­ten Tref­fen das Ja-Sagen üben?“
Plötz­lich strahl­te es in ihren Augen. Ihre Hand hing auf das Knie ihres Man­nes. „Klaus, das machen wir! Oder? Ja, das machen wir!“

Ich lächel­te bei­de an und dach­te mir, dass das noch eine span­nen­de Hoch­zeit wer­den kann.