Wut

von Matthias Fritz

So lang­sam macht es mich wahn­sin­nig. Schon wäh­rend mei­nes Theo­lo­gie-Stu­di­ums und dann auch zur Dia­ko­nen- und Pries­ter­wei­he gab es immer wie­der die­se Unter­stel­lung:

Wie fin­den Sie den Mut, in die­ser schwie­ri­gen Zeit für die Kir­che den Weg als Pries­ter gehen zu wol­len?

Unglaub­lich! Vor weni­gen Tagen war im Aache­ner Dom wie­der Pries­ter­wei­he und auch dort stand die­se Fra­ge im Raum. Den bei­den Kan­di­da­ten wur­de die­se Fra­ge auch indi­rekt an den Kopf gewor­fen. In Ver­bin­dung mit die­ser Fra­ge steht dann eine Auf­zäh­lung der Her­aus­for­de­run­gen:

  • Finanz­pro­ble­me
  • Miss­brauch
  • Prä­ven­ti­on
  • Image­ver­lust der Kir­che
  • Sta­tus­ver­lust des Pries­ters
  • Gläubigen‑, Geld- und Haupt­amt­li­chen­man­gel

Die Lis­te kann ich noch fort­schrei­ben. Es ist nicht so, dass mich die­se Punk­te nicht inter­es­sie­ren, aber sie sind doch nicht die prä­gends­ten Fra­gen für mei­ne Ent­schei­dung Pries­ter zu wer­den. Wenn so vie­le nega­ti­ve Din­ge die­se Ent­schei­dung beein­flus­sen wür­den, dann müss­ten die Kir­che und gera­de ihre Mitarbeiter/innen ein Hau­fen von kran­ken und depres­si­ven Men­schen sein. Das erle­be ich so aber nicht! Ich ken­ne ganz vie­le moti­vier­te Men­schen in Kir­che (auch Pries­ter), die den Laden bewe­gen wol­len. Wir wis­sen um die­se Her­aus­for­de­run­gen in der Gesell­schaft und in der Kir­che. Aber das prägt doch nicht mein Pries­ter­sein! Sonst könn­te ich mir direkt die Kugel geben!

Mei­ne Eltern hat­ten auch Beden­ken: Wie wird das mal mit der Ren­te sein und was machst Du, wenn Du ein­sam und allein abends auf dei­nem Sofa sitzt? Auch die­se Anfra­gen haben mich nicht beein­druckt!

Ich bin Pries­ter, weil ich Feu­er gefan­gen habe von Jesu gött­li­chem Blick auf den Men­schen. Weil ich über­zeugt bin, dass in jedem Men­schen ein gött­li­cher Orkan weht, der die­se Welt zu etwas Gutem ver­än­dern kann. Weil ich in jedem Men­schen ein Talent ent­de­cken kann, das kein ande­rer Mensch je hat­te und haben wird. Weil ich es lie­be, mein Leben mit die­sem Gott zu fei­ern und dies in der Gemein­schaft von Gleich­ge­sinn­ten zu tun.

Was mich von die­sem Beruf heu­te viel­leicht eher abhal­ten könn­te, dass sind die Mies­ma­cher und Pes­si­mis­ten. Da sind die ver­knö­cher­ten Mau­er­blüm­chen, die sich von der Welt abschot­ten und in Gold und Bro­kat das Heil suchen. Da sind die Ein­tö­ni­gen, die unse­rem Lob den Schwung und die Klang­far­be neh­men. Da sind die Büro­kra­ten, die den Reich­tum unse­res Glau­bens in Archi­ven und Nost­al­gie ver­wal­ten.

Das macht mich wütend! War­um möch­te heu­te noch jemand Pries­ter wer­den in solch einem Ver­ein? Ich wür­de es jeder­zeit wie­der tun!

Foto: mon*dieu / photocase.de