Erden, erden, erden

von Simone Müller

Erden, erden, erden

von Simone Müller

Vor ein paar Tagen war die Beer­di­gung. Groß war sie, trotz Coro­na. Fast alles ist so abge­lau­fen, wie die, denen es wich­tig war, es sich gewünscht haben. Das zählt. Jetzt bin ich wie­der zu Hau­se, im Früh­herbst, und habe das drin­gen­de Bedürf­nis, etwas zu pflan­zen. Nicht auf mei­nem heiß­ge­lieb­ten Acker­stück, son­dern auf dem Bal­kon, wo ich es täg­lich sehen kann.

Im sams­täg­li­chen Gewu­sel des Bau­markts gehe ich ziel­ge­rich­tet auf die Kräu­ter zu. Bis­lang waren das die ein­zi­gen Topf­pflan­zen, die auf den Bal­kon kamen – mit Aus­nah­me eini­ger Toma­ten­pflan­zen. Haupt­sa­che ess­bar und ein paar Blü­ten für die Bie­nen. Bei genaue­rem Hin­se­hen stel­le ich fest, dass Okto­ber nicht der bes­te Monat ist, um Küchen­kräu­ter zu pflan­zen. Also set­ze ich den Streif­zug fort und blei­be bei den klas­si­schen Grab­bepflan­zun­gen hän­gen. Hei­de­kraut, etwas, das aus­sieht wie Sta­chel­draht und sowas mit net­ten rosa Beer­chen. Und natür­lich Deko-Kohl. Kurz ent­schlos­sen packe ich den Korb voll und die Pflan­zen zuhau­se in die Bal­kon­käs­ten. Erst mit­hil­fe einer klei­nen Schau­fel, dann aber nur noch mit den blo­ßen Hän­den. Ich spü­re förm­lich, wie ich den Kon­takt zur Erde brau­che – mit jedem Fin­ger und mit nack­ten Füßen auf dem kal­ten Boden. Erden, erden, erden – nach die­sen Wochen des Beglei­tens, Hal­tens, selbst Abschied­neh­mens. Es tut unend­lich gut und führt letzt­lich – das wird mir jetzt, wo ich hier mit mei­nem Kaf­fee in der Herbst­son­ne sit­ze, bewusst – den Pro­zess wei­ter. Brü­cken bau­en zwi­schen Him­mel und Erde, Zei­ten bewusst gestal­ten, dabei die Jah­res­zeit wahr­neh­men und den Kon­takt zum Boden nicht ver­lie­ren. Dafür kann man sich schon­mal sams­tags durch den Bau­markt quä­len.

Foto: Ricar­do Soria/Uns­plash