Zeit­los

von Jonas Zechner

Zeit­los

von Jonas Zechner

Weg­berg im Som­mer 2018

Da ste­he ich.
Auf der Büh­ne.
Vor mir hun­der­te jun­ge Men­schen.
Der Count­down läuft.

10, 9, 8,…

Pure Anspan­nung – und dann ist der Moment da.
Der Moment, auf den unser Team mehr als ein Jahr hin­ge­ar­bei­tet hat.
Pla­nun­gen, hit­zi­ge Debat­ten, Ideen die vor­ge­tra­gen, ver­tei­digt und ver­wor­fen wer­den…

7,6,5…

Der DJ gibt den Takt vor, noch ein­mal tief ein­at­men, Sei­te an Sei­te mit denen, die so viel Herz­blut inves­tiert haben,

4,3,2,1 – go!

Die Musik bricht los, die Jugend­li­chen schleu­dern ihre Holi­far­ben in die Höhe und tan­zen sich die Füße wund. Nichts hält mich mehr auf der Büh­ne, ich gehe mit­ten rein, um mich her­um nichts als Men­schen, Far­ben, Musik.

Zeit ist kei­ne Kate­go­rie,
obwohl alles rasend schnell pas­siert, bedient sich die Wahr­neh­mung der Zeit­lu­pe.
Und dann ist es auf ein­mal zu Ende — aber lan­ge lan­ge noch nicht vor­bei.
Schnitt.

Am Köl­ner Rhein­ufer im Som­mer 2005

End­lich weg von den Men­schen­mas­sen des Welt­ju­gend­ta­ges.
Kein „Jesus Christ you are my live“-Chor, kei­ne Essens­schlan­ge, kein Gedrän­ge in der U ‑Bahn.
Nur der gleich­mä­ßig dahin­flie­ßen­de Fluss, die Son­ne, die mir das Gesicht und die See­le wärmt, und das Gefühl, “Augen­blick … Ver­wei­le doch, du bist so schön!“
Schnitt.

Aachen im Som­mer 2020

Zeit(oder bes­ser end)los fühl sich im Moment so mache Situa­ti­on für mich an.
Sei es im Lock­down oder im feri­en­be­dingt lee­ren Büro, in dem nur die Abwe­sen­heits­mails regel­mä­ßig ein­tref­fen.
Dann hilft es mir, die Augen zu schlie­ßen, in mei­ne Biblio­thek der zeit­lo­sen Momen­te zu stei­gen und dort zu ver­wei­len. 
Ob rasend schnell oder still, ob drau­ßen oder inner­lich:

Sie tra­gen (Gott für) mich.

3,2,1 – go!

Pho­to by arv jpr/Uns­plash