Was hab ich eigentlich gemacht
von Simone Müller
Was hab ich eigentlich gemacht
von Simone Müller
Einer dieser halbwarmen Juni-Abende. Wir sitzen auf Abstand mal wieder zu dritt zusammen, vorsichtig darauf bedacht, beim Sprechen nicht zu doll auszuatmen. Die Fledermäuse ziehen Kreise, es wird dunkel. Thema des Abends: Corona. Was man so gemacht hat, während dieser Zeit. Wie man so gearbeitet hat, währenddessen. Welche Ticks man dazu gewonnen hat, während es erst Frühling und dann Sommer wurde. Und natürlich, welche kreativen Hobbys man jetzt (wieder) hat.
Da muss ich passen. Ich habe weder anfangen, Mund- und Nasenmasken zu nähen und die Erträge meines Insta-Verkaufes an Künstler*innen in meiner Stadt zu spenden, noch habe ich mein Strickzeug ausgemottet, einen Online-Malkurs gemacht oder die nächste Fremdsprache gelernt. Ich staune und bewundere die, die die frei gewordene Zeit so produktiv genutzt haben. Ich überlege und versuche zu rekapitulieren, wie ich eigentlich die letzten Wochen verbracht habe. Irgendwie war doch immer und ständig was — ich weiß nur so gar nicht mehr, was ich eigentlich getan habe. Sonderlich kreativ ausgetobt hab ich mich jedenfalls nicht. Kinder betreut aber auch nicht. Und überhaupt, wie lange dauert „das“ denn jetzt eigentlich schon?!
Irgendwann brauchte ich nicht mehr die dicke Jacke auf dem Rad, konnte meine lange Gartenhose gegen ein paar olle Shorts tauschen und auf einmal blühen überall die Rosen. Dass die Zeit vergangen ist, merke ich eher daran, was die Natur da draußen gerade tut. Bei der ersten Wanderung in Corona-Zeiten hatten wir noch Schal und Mütze dabei, an Pfingsten hab ich mir einen fetten Sonnenbrand geholt, gestern war es dank der Schafskälte wieder eher frisch. Dafür gibts jetzt Erdbeeren statt Äpfel und frische Radieschen aus eigenem Anbau.
Die Zeit vergeht. Und, das wird mir in all dem Grübeln und Vergleichen klar: Es ist nicht egal, was ich mache. Aber: Vieles Schöne um mich rum passiert auch, ohne dass ich etwas dafür tue. Was für ein Geschenk, mich einfach über das freuen zu dürfen, was andere gemacht haben — hübsche Masken, Bilder, Rosen und Radieschen.
Foto: Kate Trifo/Unsplash