Ackern

von Simone Müller

„Wir haben jetzt einen Acker!“ — das ist einer mei­ner liebs­ten Sät­ze gewor­den in der letz­ten Zeit. Stolz, mit vor­ge­reck­ter Brust und einem grenz-debi­lem Grin­sen im Gesicht sag ich das immer wie­der.

Die Wahr­heit: Wir woh­nen mit­ten in der Stadt und dür­fen bei einer Gemü­se­gärt­ne­rei auf ca. 30 Qua­drat­me­tern unse­re Landsehn­sucht aus­le­ben. Das Kon­zept ist (für die Nutzer*innen) denk­bar ein­fach. Die super­net­te Gärt­ne­rin hat einen Acker in Par­zel­len unter­teilt, den Boden inkl. Pflanz­lö­cher vor­be­rei­tet, Setz­lin­ge und Saat­gut bereit­ge­stellt und dafür einen klei­nen Bei­trag erho­ben.

Wir sind dafür ver­ant­wort­lich, Setz­lin­ge und Saat­gut in die Erde zu brin­gen, zu hegen und zu pfle­gen. Heißt momen­tan: zwei­mal am Tag vor­bei­ra­deln, unter das Flies (Kanin­chen­ab­wehr) gucken, ob noch alles lebt, gie­ßen. Fer­tig.

Groß­ar­tig. Denn gefühlt ist es viel mehr: Mich freu­en, dass ich gleich raus­kom­me an die fri­sche Luft, einen Grund habe, den Lap­top zuzu­klap­pen und mich aufs Rad zu schwin­gen. Über den Main radeln und die groß­ar­ti­ge Aus­sicht auf die Sky­line genie­ßen. Auf die Fel­der abbie­gen, Rad abstel­len, Gieß­kan­ne aus dem Schup­pen holen. Unter das Flies gucken und mich freu­en wie eine Schnee­kö­ni­gin, dass die Setz­lin­ge noch leben und die Radies­chen­sa­men schon ers­te Keim­blät­ter trei­ben. Gieß­kan­ne um Gieß­kan­ne fül­len und sehen, wie die stau­bi­ge Erde sich durchs Was­ser dun­kel färbt. Abends den Son­nen­un­ter­gang genie­ßen. Ande­re Men­schen, die eben­falls gärt­nern, aus der Fer­ne grü­ßen. Gieß­kan­ne weg­räu­men und mich aufs Rad set­zen.

Und dann ein­fach nur beschwingt und dank­bar nach Hau­se radeln. So ist das mit die­sem Acker.

Foto: Mary­na Bohu­chars­ka/Uns­plash