Beru­fen? Ja klar. Ich bin Papa!

von Gastbeitrag

Beru­fen? Ja klar. Ich bin Papa!

von Gastbeitrag

Es ist schon wie­der pas­siert. Ges­tern Abend brach­te ich unse­re fünf­te und jüngs­te Toch­ter ins Bett. Sie ist ein­ein­halb Jah­re jung und sie nimmt jetzt die Fla­sche, daher kann ich sie inzwi­schen auch ins Bett brin­gen. Wie sie da so in mei­nen Armen liegt, ihre Fla­sche nuckelt und ich ihr zuerst zwei Lie­der vor­sin­ge und ‑sum­me und dann unser Abend­ge­bet bete, muss ich schon wie­der dar­an den­ken: „Du bist ein Wun­der! Dass du da bist ist so wun­der-bar. Und dein Ver­trau­en zu mir, die tie­fe Lie­be zwi­schen uns ist ein groß­ar­ti­ges Geschenk. Wie du ein groß­ar­ti­ges Geschenk bist“.

Ich habe das bei jeder unse­rer Töch­ter so emp­fun­den. Auch heu­te Nacht. Sie ruft mich mehr­mals, weil sie nachts noch trin­ken möch­te. Bei einem Mal hat sie die Hose voll und weint, weil es ihr weh­tut. Doch auch das ist wun­der-voll. Für sie da zu sein und dafür zu sor­gen, dass es ihr gut geht. Auch, wenn ich seit Sep­tem­ber 2018 nicht mehr aus­ge­schla­fen habe. Und das die Jah­re zuvor ja auch schon. Das gehört dazu, zum Papa sein. Zu sor­gen. Alle Zeit, die ich habe, zur Ver­fü­gung zu stel­len und auch alle Kraft. Das ist Beru­fung und manch­mal auch Pas­si­on.

Ich habe dann die Gedan­ken zu mei­ner Beru­fung durch Gott. Ich bin Dia­kon. Zuvor war ich vie­le Jah­re Gemein­de­re­fe­rent und habe mich in mei­nem Stu­di­um und der Assis­tenz­zeit inten­siv damit beschäf­tigt, ob ich in den pas­to­ra­len Dienst als Laie gehö­re oder in den Dienst als Pries­ter. Dabei hat­te ich ein Schlüs­sel­er­leb­nis:

Ich stand am Altar einer Kir­che. Allein. Ich leg­te mei­ne Hän­de dar­auf und fühl­te die Hei­lig­keit, die für mich von die­sem Ort aus­ging. Geru­fen fühl­te ich mich. Ich stell­te mir vor, wie es wäre, wenn ich als Die­ner die­ser Hei­lig­keit die­nen wür­de – als Pries­ter. Das hat mich schon geflasht, ganz ohne Zwei­fel. Und ich hät­te gern geru­fen: Hier bin ich Dann trat ich einen hal­ben Schritt zurück. Und stell­te mir vor, wie es wäre, wenn ich mein eige­nes Kind in mei­nen Armen hal­ten wür­de. Es war über­wäl­ti­gend. Ich fühl­te mich auch davon geru­fen und ergrif­fen.

Von da an war für mich klar, dass ich zu bei­dem beru­fen bin: Gott zu die­nen und Papa zu sein. Und es war klar, dass ich nie­mals Pries­ter wer­den wür­de.

Bei allen fünf Kin­dern, die ich wirk­lich vie­le, vie­le Stun­den auf mei­nen Armen getra­gen habe, habe ich die tie­fe Lie­be gespürt – nicht nur mei­ne zu ihnen und ihr Urver­trau­en in mich, ihren Papa – son­dern durch sie hin­durch eine Lie­be, für die ich als Quel­le nur Gott nen­nen kann. Ganz so als wür­de er mir zuni­cken und sagen, dass ich alles rich­tig gemacht habe. Mei­ne älte­ren Töch­ter haben mich inzwi­schen immer wie­der mal gefragt, ob es sie denn geben wür­de, wenn ich Pries­ter gewor­den wäre. Als ich dann sag­te, dass es sie alle nicht geben wür­de ant­wor­te­ten sie schnell: „Dann ist ja gut, Papa, dass du kein Pries­ter gewor­den bist!“

„Dann ist ja gut, Papa!“ Ja. Ist es. Und ich dan­ke Gott dafür, dass es so ist.

Text: Mat­thi­as Tot­ten
Foto: Manu­el Schin­ner/Uns­plash