Dan­ke

von Anne Hermanns-Dentges

In die­sen Tagen, die für vie­le eine ver-rück­te Zeit sind, fällt mir das Auf­ste­hen sehr leicht. Ers­tens, weil der Wecker seit Tagen nicht mehr klin­gelt und ich nach mei­nem Rhyth­mus auf­ste­hen kann. Zwei­tens, weil in mei­ner gro­ßen Küche ein Ruder­ergo­me­ter steht, den ich jetzt jeden mor­gen vor dem Früh­stück nut­ze. Aller Anfang ist schwer und so kommt nach der Hälf­te der mir emp­foh­le­nen Zeit mei­ne inne­rer Schwei­ne­hund aus der Ecke gekrab­belt. Die­ser setzt sich dann brav auf die Zeit­an­sa­ge der Maschi­ne und ver­sucht mir klar­zu­ma­chen, dass auf­hö­ren und aus­gie­big früh­stü­cken doch bes­ser wäre – oder allei­ne auf auf dem Sofa die ers­te Tas­se Kaf­fee trin­ken, mit einem Buch, doch auch viel bes­ser ist. Im ers­ten Moment, wenn ich die­ses Tier „sehe“, mer­ke ich, wie ich sau­er wer­de. Doch da kommt wie­der die­se Gefühl von „hin und her, hin und her, ein­at­men, aus­at­men, …“ eine Art Medi­ta­ti­on. Nur ich und der Ergo­me­ter. „Hin und her, ein­at­men, aus­at­men, .… “. Und in die­sem „Hin und her“, in der Gelas­sen­heit, dass ich die mir gesetz­te Zeit schaf­fe und in mei­nem Tem­po, in mei­nem Rhyth­mus fah­re, ver­schwin­det mein Schwei­ne­hund. Bei der Tas­se Kaf­fee irgend­wann spä­ter im Büro den­ke ich: Dan­ke Gott, für die­se Ver-rück­te Zeit! Ohne die­se hät­te mein Kind den Ruder­ergo­me­ter nicht vom Ruder­ver­ein zu Trai­nings­zwe­cken gelie­hen bekom­men. Dan­ke den Leu­ten vom Ruder­club, dass sie die Jugend­li­chen so unter­stüt­zen. Dan­ke dass wir zu Hau­se alle so gelas­sen sind dass es die­ses Sport­ge­rät nun in uns­rer Küche gibt. Dan­ke Gott für die­se Erfah­rung der Medi­ta­ti­on, das „Hin und her, das ein­at­men, aus­at­men“ und die Welt um sich her­um ver­ges­sen. Für das Gefühl des „ich lebe“ und das Über­win­den des inne­ren Schwei­ne­hun­des, mit tie­fer Gelas­sen­heit. Dan­ke Gott für die Erkennt­nis und die­sen Kaf­fee, in die­ser ver-rück­ten Zeit.

Foto: Ricky Shar­ma/Uns­plash