Just in time

von Thomas Hoogen

Just in time

von Thomas Hoogen

Was ich in die­sen Tagen ver­mis­se, sind gemein­sa­me Mahl­zei­ten mit Freun­den und Kaf­fee­pau­sen mit Kol­le­gin­nen.

Was fehlt mir, wenn das fehlt? Essen und reden (zumin­dest in der Haus­ge­mein­schaft, und mit ande­ren fern­münd­lich oder digi­tal) kann ich doch auch zu Coro­na­zei­ten. Es muss die Mischung aus bei­dem sein: Essen beim Aus­tausch und auch Aus­tausch beim Essen — und dar­über hin­aus. Im Spa­ni­schen gibt es für den gemein­sa­men Aus­klang nach dem Essen ein eige­nes Wort: la sobre­me­sa.

Ganz anders in Kolum­bi­en. Je schnel­ler der Gastgeber/die Bedie­nung das abge­ges­se­ne Geschirr weg­räumt des­to höf­li­cher. Unver­ges­sen die Slap­stick-Situa­ti­on bei mei­nem ers­ten Kolum­bi­en­be­such, als einer von uns mit dem Ober um die lee­re Kaf­fee­tas­se kämpf­te, weil er eine zwei­te Fül­lung woll­te – auch das dort eher unüb­lich. Was ich dar­aus gelernt habe: Die Geschmä­cker, Ver­hal­tens­mus­ter und Timings sind ver­schie­den und der eige­ne Maß­stab ist nicht immer das Maß aller Din­ge.

Auch bei mei­nem jüngs­ten Kolum­bi­en-Auf­ent­halt, der letz­te Woche mit einer Hotel­qua­ran­tä­ne ende­te, habe ich das unter­schied­li­che Timing zu spü­ren bekom­men. Obwohl es bis dahin kaum Infek­ti­ons­fäl­le im Land gab, ver­schärf­te die kolum­bia­ni­sche Regie­rung von Tag zu Tag die Maß­nah­men. Dage­gen kam uns bei Rück­kehr nach Deutsch­land das Vor­ge­hen hier fast fahr­läs­sig lang­sam vor.

Jetzt tun (oder las­sen), was dran ist und was geht. Das war die Devi­se eines Man­nes, der sich den Namen mit einem Aache­ner Zir­kus teilt. Ange­lo Giu­sep­pe Ron­cal­li hat als Papst Johan­nes XXIII. dafür ein eige­nes Wort erfun­den: aggior­na­men­to — Ver­heu­ti­gung. Ob bei Tisch oder bei Coro­na: Auf ande­re ach­ten und tun, was dran ist, hilft mir (und ande­ren) wei­ter.

Tho­mas Hoo­gen