Von der Angst sich zu ent­schei­den

von Mareile Mevihsen

Von der Angst sich zu ent­schei­den

von Mareile Mevihsen

Ori­en­tie­rungs­ta­ge, The­ma Zukunft. Wir sind eigent­lich durch mit dem The­ma, da stellt eine Schü­le­rin eine Fra­ge an mei­nen Mit­re­fe­ren­ten und mich: “Ich wüss­te ger­ne, ob ihr zufrie­den seid mit dem Beruf, für den ihr euch ent­schie­den habt. Denn wir alle hier haben Angst vor die­ser Ent­schei­dung, vor allem davor, dass wir uns falsch ent­schei­den… ”

Da ist er wie­der, der Fluch der Mul­ti­op­ti­ons­ge­sell­schaft, in der mir kei­ner mehr sagt, was rich­tig und loh­nens­wert ist. Und der 15-Jäh­ri­ge so unter Druck setzt, dass wir auch zu The­men wie “All­tags­stress” arbei­ten, so gewünscht von den Jugend­li­chen.

Ich über­le­ge kurz. Wie wir bei unse­ren Beru­fen gelan­det sind, das haben wir bereits erzählt, aber jetzt geht es glau­be ich um etwas ande­res: “Weißt du”, sage ich zu ‑nen­nen wir sie Anna- “Weißt du Anna, ich glau­be, dass die meis­ten von uns Angst haben. Ich sel­ber habe stän­dig Angst vor Din­gen. Jetzt in die­sem Moment zum Bei­spiel, hier mit euch, da habe ich tief in mir drin furcht­ba­re Angst, dass ich nicht zu euch durch­drin­ge, dass das, was ich euch ver­mit­teln möch­te, nicht ankommt oder dass ihr mich aus­lacht. Immer wie­der habe ich Angst, wenn Ent­schei­dun­gen anste­hen, von denen ich nicht weiß, ob sie rich­tig sind und ob sie nicht alles ver­än­dern. Wir alle haben die­se Angst. Aber wenn ich zulas­se, dass die­se Angst mich lähmt und hand­lungs­un­fä­hig macht, was wäre das für ein Leben?! Die­se begrün­de­te Angst ist wich­tig, denn sie sagt mir, dass etwas einen Wert hat, dass es nicht belie­big ist. Die Angst sagt dir, dass es sich lohnt, sich zu ent­schei­den. Dass du auf­ste­hen und die Kom­fort­zo­ne ver­las­sen musst. Und manch­mal muss man all den nör­geln­den, zwei­feln­den Stim­men in sei­nem Inne­ren sagen, dass sie jetzt Pau­se haben. Und dann geht man da raus und rockt das Ding.”

Ich kann das Schim­mern sehen in Annas Augen. Und in Alis. In Oli­vers und in Chris­ti­nas. Ges­tern Mor­gen waren sie uns noch fremd. Heu­te hat jeder von ihnen eine Geschich­te. Und für einen kur­zen Augen­blick kreu­zen sich unse­re Wege und Geschich­ten.

Mein Kol­le­ge schließt an: “Euch hier zu sehen, zu erle­ben, mit euch zu arbei­ten, das macht uns Mut und Hoff­nung für die­se Welt, die nicht ver­lo­ren ist, wenn ihr die nächs­te Gene­ra­ti­on seid”.

“Die arbei­ten ja für Kir­che”, sag­ten die Jugend­li­chen zwi­schen­durch immer wie­der. Und an einem Tag wie heu­te, da weiß ich, das war eine der bes­ten Ent­schei­dun­gen mei­nes Lebens. Und in die­sem Moment habe ich den schöns­ten Job der Welt.